Dahoam

Das bedeutet es, angekommen zu sein. Schnapp dir eine Tasse Tee, mach entspannte Hintergrund Musik ein und lass dich auf dieses wohlige Gefühl ein, dass sich breit macht wenn alles perfekt scheint. Und träum auch nach dem Lesen weiter - wenn du magst, kannst du diese Träume auch schriftlich festhalten und Anderen einen Einblick in deinen Rückzugsort bieten.

Was bedeutet es angekommen zu sein? Wie fasst man das Gefühl, das sich ausbreitet wenn man sich vollständig wohl fühlt zusammen? So leicht geht das gar nicht, aber vielleicht komme ich dort hin wenn ich mein “Zuhause” fühlen genauer beschreibe. Wie muss denn eine Situation sein, damit es perfekt ist? Früher war das super einfach zu beschreiben, ich habe ein interessantes Mathebuch, Stift & Block und Ruhe gebraucht. Andere Menschen werden doch überbewertet. Ehrlich gesagt wünschte ich mir heute manchmal, es wäre wieder so. Denn dann würde es mich nicht stören, die Welt zu Grunde gehen zu sehen. Dann könnte ich alle Probleme weiterhin ausblenden und mich in der Welt der abstrakten Strukturen verstecken. Doch leider geht das nicht mehr. Ich habe Freunde gefunden und bin nicht mehr drum rum gekommen, mich mit der Welt auseinanderzusetzen. Ich habe gelernt die Realität nicht mehr auszublenden, sondern zu einem Teil meines Lebens zu machen. Und das war ein wichtiger Schritt für mich, denn obwohl ich davor nie das Gefühl hatte ich würde etwas verpassen, kann ich mir jetzt ein zurückgezogenes Leben nicht mehr vorstellen. Die Welt war plötzlich da, und als Teenager habe ich sie das erste mal wahrgenommen - also so wirklich wahrgenommen, als System aus verschiedensten Menschen und Gruppen, als komplexes Zusammenspiel und absolute Harmonie. Aber etwas an der Harmonie stimmte nie, hat nie gestimmt, und es sah nicht so aus als ob es besser wird. Zuerst habe ich das Problem bei mir gesucht - ist meine Einstellung falsch? Bin ich komisch? Was soll das alles? Aber ich hatte immer genug Selbstvertrauen um daran nicht zu Grunde zu gehen, sondern weiter zu wachsen. Meine größte Lehre: Wenn ich mir unsicher über etwas bin, dann stelle ich mir vor wie ich reagieren würde wenn das jemand anderes tut. Meistens kommt dabei heraus, dass überhaupt nichts falsch damit ist seine Bedürfnisse zu äußern oder beim Lieblingslied mitzusingen. Selbst auf dem Boden schlafen wird plötzlich okay - oder würdest du jemanden auf Ewig verurteilen, nur weil diese Person einen echt langen Tag hatte und es grade nichts gemütlicheres für ein Powernap gab? Eben. Zurück zum Thema Heimat. Wie hat sich diese Veränderung auf mich ausgewirkt? Eins steht fest, zuhause war nicht mehr mein Mathebuch sondern der Kontakt mit anderen. Egal in welcher Gruppe, ich habe mich immer wohl gefühlt. Die Abwechslung, das Abenteuer, die konstante Veränderung waren mein Safe Space. Aber auch das war nicht das Wahre. Denn ich hatte bloß Angst mich auf das Falsche festzulegen. Das war schon immer meine größte Sorge. Wenn man niemanden nah an sich ran kommen lässt und sich ständig alles wandelt, gibt es das Risiko sich zu früh an etwas zu binden nicht. Allerdings ist es dafür sicher, dass man die besten Menschen verliert und die tollsten Chance verstreichen lässt. Jetzt wo mir das klar ist, arbeite ich daran. Ob es meine Beziehung noch retten kann, weil ich meinen Freund von mir gestoßen habe als sich eine gemeinsame Zukunft abzuzeichnen begann? Wer weiß. Dinge nehmen ihren Lauf, und was keine Bereicherung war ist eine Lehre. Mit genügend Zeit zum Innehalten wird es irgendwann schwer, sich nicht zu politisieren. Denn dass einiges nicht perfekt läuft sieht jede*r. Worin wir uns unterscheiden sind unsere Lösungsvorschläge. Ich war immer schon Anarchistin, selbst wenn ich früher das Wort noch nicht kannte oder nicht mit meinen Wertvorstellungen verknüpft habe. Vielleicht habe ich mich dagegen gewehrt, weil meine Träume für sich stehen sollten und nicht einer Ideologie untergeordnet sein sollten. Doch einen Namen für seine Vorstellungen zu findet beengt diese nicht, sondern hilft ihnen weiter zu wachsen und sie leichter kommunizieren zu können. Ein Name hilft auch, Gleichgesinnte zu finden. Und hier sind wir wieder beim Thema zuhause sein: mein Rückzugsort ist die linke Szene. Gemütlich vor der Küfa kauern, Linksrock ertönt aus dem Hintergrund, vor jeder Umarmung wird nach Konsens gefragt und Debatten über gesellschaftlichen Wandel werden geführt. Es gilt als Selbstverständlich, was in anderen Kreisen nicht selbstverständlich ist. Was in anderen Kreisen möglicherweise nie selbstverständlich sein wird. Obwohl es doch eine Bereicherung wäre. Ja, Demos organisieren ist unglaublich viel Arbeit. Reden schreiben und sich auf Interviews vorbereiten kostet Zeit. Aber mit einer Familie, die einen jederzeit nicht nur toleriert sondern wahrlich akzeptiert - da ist alles möglich, und da gibt die Arbeit Kraft und raubt sie nicht. Ich habe mich gefunden und blühe auf, auf Wegen die ich mir zuvor nicht hätte vorstellen können. Und ich wünsche Dir von ganzem Herzen, dass du dein zuhause auch findest. Und dass du mutig genug bist, dich auf einen Umzug einzulassen, denn so wie du wächst, wächst dein Heim mit.