Der tatsächliche Nutzen von #eFuels

Eins gleich vorweg: Wer jetzt glaubt hier ein flammendes Plädoyer zu lesen, im Jahr 2040 weiter Spritztouren mit seinen brandneuen Porsche Cayenne mit Verbrennungsmotor fahren zu dürfen, wird ganz schnell enttäuscht sein. Denn auch in diesem Artikel wird das Fazit lauten, dass e-Fuels im Straßenverkehr jetzt nicht die geilste Idee sind. Und dennoch bekommen e-Fuels durch das Framing der aktuellen politischen Debatte einen schlechten Ruf. So hält sich z.B. hartnäckig die Idee e-Fuels wären ineffizient und damit komplett nutzlos. Tatsächlich sehe ich aber durchaus einen Einsatzzweck für e-Fuels und den möchte ich im Folgenden erläutern.

PKWs mit e-Fuel

Ich will auch ganz offen sein und sagen, dass ich kein Freund von e-Autos bin. Die Idee unsere jetzige Form von Individualverkehr zu erhalten, indem wir Autos mit überdimensionierten Laptopbatterien ausstatten, ist die Malboro Light unter den Verkehrskonzepten; rechnerisch an vielen Stellen unbestreitbar besser, aber dennoch nur ein Feigenblatt, um eine grundsätzlich schädliche Gewohnheit beizubehalten.

Aber wenn e-Autos die Malboro Lights sind, dann sind e-Fuel-Autos filterlose Zigaretten. Wenn man sich ums Verrecken auf diese beiden Alternativen beschränken will, dann sind 70% Gesamteffizienz beim e-Auto halt so viel besser als die 13% Effizienz1 beim e-Fuel-Auto, dass sich das schwer mit anderen Argumenten drehen lässt. Ok, es gibt schon noch Möglichkeiten die Effizienz von e-Fuels zu steigern, aber schon allein die Effizienz von Verbrennungsmotoren, die selbst unter Laborbedingungen gerade so um die 50% erreicht, ist da eine Barriere.

Erneuerbare Energien und e-Fuels

Und dennoch sind diese Zahlen ein bisschen eine Milchmädchenrechnung. Denn nicht jede Kilowattstunde Strom kann einfach so ins Batterieauto fließen. Denn während die Effizienz von Elektromotoren bei der Umsetzung von Energie in Arbeit unschlagbar ist, hat elektrische Energie den entscheidenden Nachteil, dass sie “de jure” nicht und “de facto” schlecht speicherbar ist. Allen Pumpspeicherkraftwerken und Batterieclustern zum Trotz, ist es bis heute so, dass elektrischer Strom praktisch in dem Moment verbraucht wird, in dem er produziert wird.

Viele erneuerbare Energiequellen sind dafür bekannt, dass es eine zeitliche Lücke zwischen Erzeugung und Verbrauch gibt. Neben dieser zeitlichen, gibt es aber auch noch eine geographische Lücke. Und hier müssen wir gar keine ambitionierten Projekte wie Strom aus der Wüste bemühen. Bei uns im verschlafenen Deutschland haben wir ein deutliches Nord-Süd-Gefälle beim Strom. Während die Off-Shore-Kraftwerke an der Küste wahre Goldgruben der Stromerzeugung sind, dürstet der Süden nach erneuerbarem Strom, z.B. hier in Bayern, wo wir dank CSU-Regierung mit 10H-Regel praktisch keine Windkraftanlagen mehr bauen. Und die Stromtrassen von Nord nach Süd werden auch verbuddelt und damit längere Zeit brauchen, bis sie einsatzbereit sind.

Es gibt also zeitlich und lokal einen ungenutzten Stromüberschuss. E-Fuels sind geeignet um diese Lücke zu schließen. Eine ungenutzte Kilowattstunde Strom hat eine Effizienz von 0%, da ist jede Alternative eine Verbesserung. Und während elektrischer Strom als Energiemedium effizienter ist, haben Kohlenwasserstoffe bei der Energiedichte die Nase vorn. Wenn die Stromnetzkapazität erschöpft ist, können wir also immer noch Kohlenwasserstoffe in einen Tank legen und/oder effizient mit LKWs durch die Gegend fahren (im Gegensatz zu Batterien).

Die Kapazitätsgrenze

Hab ich mich nun also selber widerlegt? Wenn wir quasi unendlich effiziente e-Fuels produzieren, dann kann der Porsche doch damit fahren, oder? Das Problem liegt leider darin, dass die effiziente Produktion von e-Fuels nicht beliebig skalierbar ist. Wir produzieren ja immer noch nur einen Teil der Energie, die wir im Straßenverkehr verbrauchen, erneuerbar und der Anteil an Überschussstrom wird da nicht großartig überproportional wachsen. Und Überschussstrom in solcher Menge, dass sich eine Investition in die Produktion von e-Fuels lohnt, gibt es eben auch nur an ausgewählten Standorten.

Das einzige mir bekannte, groß beworbene, ernsthafte2 e-Fuels-Projekt in Deutschland ist das der Raffinerie Heide. Und hier passt halt auch alles. Die Raffinerie liegt nahe der Nordsee und dank der Geografie von Schleswig-Holstein auch nicht weit von der Ostsee. Sie bringt aus dem fossilen Geschäft viele Voraussetzungen zur Produktion von Kohlenwasserstoffen – z.B. Tanks und Logistik – mit, ebenso ein paar Effizienzvorteile bei der Produktion.

Manche würden hier wahrscheinlich entgegenhalten, dass es ja noch besser wäre, wenn wir das Stromnetz deutlich ausbauen oder endlich die eine Wunderbatterietechnologie kommt, die uns seit Jahren in Artikeln über Batterie-Startups versprochen wird. Ob da mehr oder weniger Wunschdenken als beim e-Fuel-Porsche drinsteckt, muss jeder für sich selbst bewerten. Für mich ist eine wirtschaftlich sinnvolle Investition in die Produktion von e-Fuels, wie eben z.B. in Heide, deutlich besser als die Energie verfallen zu lassen. Aber andere Raffinerien in Deutschland können das nicht einfach nachmachen. Sie müssen auf andere erneuerbare Rohstoffe setzen.

Denn es gibt durchaus ein breites Potential an Quellen für die nachhaltige Produktion von Kohlenwasserstoffen. Aber die meisten davon sind begrenzt und e-Fuels sind eben keine Ausnahme. Aber sie sind ein weitere Baustein neben Energiepflanzen, Bio-Abfällen und Co.

Die richtigen Prioritäten setzen

Diese begrenzte Potential sollten wir aber an den Stellen einsetzen, wo es (noch) keine Alternativen zu Kohlenwasserstoffen gibt, z.B. im Flugverkehr oder in der chemischen Industrie. E-Fuels in Autos zu tanken ist nicht nur ein sprichwörtlicher Tropfen auf den riesigen heißen Stein namens Straßenverkehr, es gibt dort eben Alternativen. Für mich mögen diese Alternativen eher Fahrrad, Bus und Bahn heißen als Elektro-SUV, aber ein E-Fuel-SUV ist halt doppelt schlecht.

Schlussendlich sind e-Fuels also keine Wunderwaffe für den Erhalt von Verbrenner-PKWs. Sie haben aber ihre Daseinsberechtigung als Teil der Zukunftstechnologien für unsere Energieversorgung und sind da vielleicht auch ein bisschen besser als ihr Ruf.


1

Quelle

2

soll heißen: nicht “Test-Projekt”