Heute kamen uns ernsthafte Zweifel, ob wir als Eltern geeignet sind. Natürlich passieren die verrücktesten Dinge, wenn man mit Kindern im Allgemeinen und aufwachsenden Teenagern im Speziellen zu tun hat. Aber das, was wir uns von gestern auf heute geleistet haben, ist schon ein besonderes Stück Erziehungsgeschichte.
Gestern war für mich wieder so ein Arbeitstag, den man am besten direkt wieder vergisst. Unkontrollierbar lang, eine Konferenz nach der anderen und zwischendurch immer wieder spontane Einsätze zur Unterstützung in einem Projekt. Das heißt, raus aus der Telefonkonferenz, Anruf in Teams halten und in dem anderen Gespräch verstehen, was ansteht und was die eigene Aufgabe sein soll.
Am frühen Morgen allerdings wurde ich durch eine sehr, sehr zeitig aktive Teen erstaunt. Sie stand plötzlich im Zimmer und meinte, sie ginge nun mit ihrer Freundin joggen. Trotz aller Ablenkung brachte mich das zum Schmunzeln, denn das ist ein ganz neues Kapitel im jungen Leben der Teen. Im Laufe des Tages machten wir Eltern uns noch mehrfach einen Spaß daraus. Natürlich nur untereinander, niemals im Beisein des laufenden Kindes.
Na ja, da ist dann auch schon der Haken an der Geschichte. Nach dem langen Arbeitstag war ich sehr angeschlagen und legte mich noch ein wenig zum Entspannen ins Bett. Irgendwann muss ich eingeschlafen sein. Ich wähnte die Teen zu der Zeit in ihrem Zimmer, da sie nach ihrer Rückkehr vom Joggen über schmerzende Füße klagte. Außerdem rechnete ich damit, dass sie eh sehr früh einschlafen würde, da sie ja immerhin schon gegen 07:30 Uhr fertig angezogen das Haus verließ.
Als ich am Abend aufstand und kurz nach ihr rief, erhielt ich keine Antwort. Ah, sie schläft also erschöpft, dachte ich bei mir. Ich schaute noch ein paar Folgen einer Serie und verzog mich dann auch bald wieder ins Bett. Die Teen ward nicht gesehen, schlief sie doch erschöpft nach dem Joggen.
Heute morgen stand ich auf, machte Kaffee, setzte mich und las die Nachrichten, las im Buch und setzte nochmal Kaffee auf. Der freie Freitag verging so nach und nach. Irgendwann fiel mir auf, dass die Teen noch keinen Mucks gemacht hatte. Ich ging zu ihrer Tür und rief, wie wir das eigentlich immer machen: “Guten Morgen!” durch die geschlossene Tür. Keine Antwort. Na gut, pennt halt noch.
Etwas später, es war bereits nach Zwölf, klopfte ich mehrfach an und erhielt immer noch keine Antwort. Ich schrieb der FamS, die leider arbeiten musste, dass ich mir Sorgen machte. Daran sieht man schon, dass ich gedanklich wohl nicht ganz auf der Höhe war. Auf eine andere Idee kam ich in dem Moment nicht. Ich fürchtete das Schlimmste.
Dass ich nicht einfach die Zimmertür öffnete ist vielleicht damit zu erklären, dass wir die privaten Räume in unserer Familie respektieren. In dieser Situation natürlich Unsinn, aber nun, ich tat es eben nicht. Immerhin kam ich dann auf die Idee, ich könnte die Teen ja mal anrufen. Vielleicht würde sie vom Telefon ja wach. Man kann wirklich sehen, dass mein Kopf irgendwo feststeckte.
Ich rief an. Sie ging praktisch sofort an ihr Handy. Aufgeregt fragte ich sie, warum sie mir nicht antworte, wenn ich nach ihr riefe. Lachend kam die Auskunft::“ Ich bin doch bei E. seit gestern!“. Ich war perplex. Sofort kam ein: “Und wieso sagst du uns das nicht?”. Die Wahrheit ist, dass sie es mir gesagt hatte, aber ich steckte gestern wohl schon mit meinem Kopf irgendwo in einer Telko fest und habe das nicht mitbekommen.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die Teen schlief von gestern auf heute bei ihrer Freundin. Das ist absolut in Ordnung und kommt sehr oft vor. Wir sind alle sehr gut befreundet, deswegen ist das keine große Sache. Schlimmer finde ich ,dass ich es echt einfach nicht mitbekommen hatte und heute nicht wusste, wo unser Kind ist. Na ja, der einzige Trost mag sein, dass ich damit nicht alleine war. Die FamS hatte auch keinen blassen Schimmer. Wir sind Rabeneltern.
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