Vor ca. 5-6 Wochen hat unser zweiter Kater eine seiner weiten Wanderungen unternommen. Er war von den beiden Katern immer der, der raus musste, raus in die Welt, der große Garten war nicht genug. Ich schreibe “war”, weil er nicht mehr zurück kommt. Vermutlich ist ihm irgendetwas passiert. Ein Auto, ein Mensch oder er ist (hoffentlich) bei anderen Leuten untergekommen. Sein Kumpel, der Flauschekater, mit dem er sein komplettes Leben gemeinsam verbracht hat, ist zurückgeblieben.
Der Flauschekater war, so lange sie zu zweit waren, eigentlich überhaupt nicht flauschig. Wir durften ihn nicht anfassen, oder auch nur angucken. Sofort hat er das Weite gesucht. Wir waren vermutlich diese Dosenöffner für ihn. Allerdings ist er nie mit auf die Streifzüge gegangen. Er hat brav im Garten oder in der Wohnung gewartet. Je nach Wetterlage halt. Jetzt aber ist er alleine. Bis vor einer Woche hat er seinen Kumpel gesucht. Vermutlich vermisst er ihn immer noch. Ich habe natürlich keine Ahnung was in so einem Katzenkopf vorgeht. Aber dass er ihn gesucht und vermisst hat, das war nicht zu übersehen und zu überfühlen.
Seit letzter Woche bin ich der neue Kumpel. Was vorher unmöglich erschien, ist nun meine tägliche Aufgabe. Den Flauschekater beschmusen. Ihn kraulen und wahrnehmen. Es fing ganz langsam an. Erst kam er spürbar immer näher an mich heran. Immer noch in zwei Schritten Entfernung, aber immer näher. Jetzt muss ich dazu sagen, ich bin der erste Mensch, den er morgens sieht. Ich mache seinen Napf sauber und wieder voll. Ich begrüße ihn, wünsche einen guten Morgen und frage wie es ihm geht. Eines Tages setzte er sich mir in den Weg und maunzte mich an. Ich bückte mich und streckte meine Hand aus (was Katzen eigentlich gar nicht mögen). Noch drehte er sich um und brachte etwas mehr Distanz zwischen uns. Aber dann. Einen Tag später kam er an die Hand und schnüffelte. Seit dem ging es recht schnell und ich durfte (musste) ihn kraulen.
Jetzt ist es, dass ich morgens im Home Office sitze und arbeite. Die Kaffeemaschine steht neben mir, ich muss nur aufstehen und einen Schritt machen, um die Kaffeetasse neu zu füllen. Während ich morgens den Rechner starte, die Kaffeemühle drehe und mich im Firmenkonto anmelde, liegt der Flauschekater auf einem Stuhl in der Nähe und beobachtet mich. Sobald ich aufstehe und den ersten fertigen Kaffee in meine Tasse füllen möchte, höre ich seine Pfoten auf dem Holzboden aufschlagen und binnen einer Sekunde steht er neben mir. Miau. Mittlerweile verstehe ich was er möchte. So ist es unser Ritual am Morgen, dass ich vor dem ersten Kaffee sein Kuschelbedürfnis stille.
Hört sich schön an, oder? Nun ja, seit zwei Tagen ist es so, dass dieses Bedürfnis besteht, sobald ich mich vom Stuhl erhebe. Egal was ich machen muss. Ich hole Kaffeewasser: “Miau!”. Ich gehe auf das Klo: “Miau!”. Ich mache mir eine Käsestulle: “Miau!”. Ich hole mir eine Flasche Wasser: “Miau!”. Ich stehe auf und dehne mich: “Miau!”. Ich dachte, ich bin sein neuer Kumpel. Immer mehr verfestigt sich die Gewissheit, ich wurde als Befehlsempfänger annektiert. Auf der einen Seite ist es schön, dass der Kater endlich mal zutraulich ist, andererseits scheint dieses Verlangen unermesslich zu werden. Vielleicht ist ein neuer Katzenkumpel doch die bessere Variante. MIAU!
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